Wie ändert sich der Arbeitnehmerdatenschutz






Arbeitnehmerdatenschutz
ist der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und insbesondere des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung von Personen in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer im Unternehmen. Synonym werden auch die Begriffe Mitarbeiterdatenschutz, Beschäftigtendatenschutz und Personaldatenschutz und Betriebsdatenschutz (DGB-Entwurf) verwendet.

 Der Arbeitnehmerdatenschutz berücksichtigt die Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf den Datenschutz des Arbeitnehmers. Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen sich zwar rechtlich als gleichwertige Partner gegenüber, der Arbeitgeber ist dem Arbeitnehmer aber wirtschaftlich und strukturell überlegen. Der Arbeitgeber bestimmt nämlich die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsvertrags und legt die Arbeitsbedingungen fest. Er ordnet an, wann, wo und wie der Arbeitnehmer tätig werden muss. Der Arbeitnehmer kann sich diesen Vorgaben in der Regel nicht entziehen. Besteht in einem Vertragsverhältnis eine einseitige Bestimmungsmacht, gebietet die Verfassung einen besonderen Schutz für den schwächeren Vertragspartner, insbesondere für Vertragsinhalte, welche Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht erlauben. 
s ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass der Arbeitgeber nach billigem Ermessen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arbeitnehmers eingreifen dürfte. Sowohl die Vorgaben des Gesetzgebers in § 75 Abs. 2 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), als auch Art. 2 Abs. 2 Satz 3 Grundgesetz (GG), und die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bieten keinen Ermessensspielraum:
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist der Einschränkung im überwiegenden Allgemeininteresse zugänglich. Diese bedarf jedoch einer gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht und verhältnismäßig ist (vgl. BVerfGE 65, 1 <43 f.>; 120, 378 <401 ff.>; BVerfGK 10, 330 <337>). Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs müssen in der Ermächtigung bereichsspezifisch, präzise und normenklar festgelegt werden (vgl. BVerfGE 65, 1 <44 ff.>; 100, 313 <359 f.>; BVerfGK 10, 330 <337 f.>).
Neben den vom Gesetzgeber ermächtigten Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, etwa durch fiskalische Rechtsnormen (HGB, AO) und Sozialgesetzgebung (SGB), können sich Beschränkungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dort ergeben, wo sie mit gleich oder höherrangigen Grundrechten anderer Grundrechtsträger kollidieren. Zusätzlich können Eingriffe und Beschränkungen durch Verträge individuell rechtswirksam vereinbart werden, soweit die betreffenden Vertragsinhalte durch einseitige Bestimmungsmacht keine faktische Fremdbestimmung verwirklichen[3]. Zulässige Eingriffe auf formell-gesetzlicher Grundlage oder individuell vertraglicher Vereinbarung, sowie Beschränkungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Konkurrenz mit anderen Grundrechtsträgern, sind der Regelungskompetenz der Betriebsparteien zugänglich.

Regelungen

Grundlegende Regeln bestimmt bereits das Grundgesetz (GG) und das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hinsichtlich der Mitwirkungsrechte der Mitarbeitervertretungen. Einzelvertragliche Regelungen sind danach unwirksam, wenn der Regelungstatbestand dem BetrVG unterworfen ist und keine Einzelvereinbarung besteht. Diese Mitwirkung gilt ausschließlich für das sogenannte Ordnungsverhalten, also das spezielle Sozialverhalten der Arbeitnehmer, nicht aber für das Arbeitsverhalten, wie beispielsweise bei der Arbeitssicherheit. So bleiben wesentliche Teilbereiche bisher offen. Das lässt sich auch durch einzelvertragliche Regelungen in Tarifverträgen kaum beheben.

Vorläufige Regelung

Trotz seiner großen praktischen Bedeutung war der Arbeitnehmerdatenschutz in Deutschland bis 2009 gesetzlich nicht expliziert geregelt. Seit 1978 griff die Praxis daher auf die allgemeinen Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes zurück. Forderungen nach Schaffung eines speziellen Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes wurden nicht erfüllt.
In den Jahren 2008/2009 wurde bekannt, dass bedeutende deutsche Unternehmen wie der Lebensmitteldiscounter Lidl und die Deutsche Bahn ihre Beschäftigten mit teilweise unzulässigen Methoden überwacht hatten. Besondere Aufmerksamkeit erlangte die Überwachungsaffäre der Deutschen Telekom. Auf Grund dieser Vorfälle entschied sich die Bundesregierung im Februar 2009, die Arbeit an einem Arbeitnehmerdatenschutzgesetz wieder aufzunehmen. Als „Sofortmaßnahme“ wurde das Bundesdatenschutzgesetz um § 32 BDSG ergänzt. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Regelung zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses. Sie trat am 1. September 2009 in Kraft.
Derzeit bestehen neben dem neuen, seit 1. September 2009 geltenden § 32 BDSG verschiedene bereichsspezifische Vorschriften, die (auch) das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Beschäftigten regeln, beispielsweise im Telemediengesetz, im Bundesbeamtengesetz, in der Bildschirmarbeitsverordnung, im Betriebsverfassungsgesetz und in den Personalvertretungsgesetzen. Genetische Untersuchungen im Arbeitsleben sind seit Februar 2010 im Gendiagnostikgesetz geregelt.

Jüngere Gesetzgebungsaktivitäten im Arbeitnehmerdatenschutz

Am 4. September 2009 legte Bundesarbeitsminister Olaf Scholz den Entwurf für ein Gesetz zum Datenschutz im Beschäftigungsverhältnis (Beschäftigtendatenschutzgesetz – BDatG) vor. Das geplante Gesetz sollte laut Scholz die bestehenden Vorschriften und Gerichtsurteile zum Beschäftigtendatenschutz vereinheitlichen und bestehende Lücken schließen. Der Entwurf und seine Vorlage kurz vor der Bundestagswahl 2009 erfuhren sowohl Lob als auch Kritik. Die Koalitionsvereinbarung der zweiten Regierung Merkel sieht eine Erweiterung des Bundesdatenschutzgesetzes um einen eigenen Bereich Arbeitnehmerdatenschutz vor, ein separates Gesetz soll es nicht mehr geben. Anfang April 2010 brachte der Bundesinnenminister einen ersten Referentenentwurf zum erweiterten § 32 BDSG in die Ressortabstimmung ein, der einen eigenen Unterabschnitt Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses mit 14 Ziffern zum § 32 BDSG vorsieht. Die Änderung der datenschutzrechtlichen Vorschriften in diesem Bereich wurde bereits länger diskutiert. Ziel ist es, die uneinheitliche Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zu vereinen und so mehr Rechtssicherheit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu schaffen. Grundlage für die gesetzliche Ausgestaltung soll sowohl die betriebliche Praxis wie auch die bisher ergangene Rechtsprechung der Arbeitsgerichte sein.
Das Bundeskabinett hat am 25. August 2010 den Entwurf des Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes beschlossen. Inzwischen ist am 15. Dezember 2010 die Bundestags-Drucksache 17/4230 mit einem neuen, überarbeiten Entwurf eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes erschienen.

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