Die bereitgestellten Informationen sollen die
bayerischen öffentlichen Stellen bei der Umstellung auf die
Datenschutz-Grundverordnung unterstützen. Sie wollen einen Beitrag zum Verständnis des neuen Rechts leisten, nehmen aber
keine Verbindlichkeit in Anspruch.
Die
Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) - Ein Überblick
Teil 1:
Geltung und Anwendungsbereich
Inkrafttreten und unmittelbare Geltung der Datenschutz-Grundverordnung
Die Datenschutz-Grundverordnung ist am 24. Mai 2016 in
Kraft getreten. Sie wird ab dem 25. Mai 2018 in der gesamten Europäischen Union
(EU) - und damit auch im Freistaat Bayern - Geltung beanspruchen und die
bisherige allgemeine Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG ersetzen. Die
Datenschutz-Grundverordnung hat zum Ziel, sowohl die Grundrechte und
Grundfreiheiten natürlicher Personen - insbesondere deren Recht auf Schutz
personenbezogener Daten - zu schützen als auch den freien Verkehr personenbezogener
Daten zu gewährleisten (vgl. Art. 1 DSGVO).
Im Unterschied zu Richtlinien sind EU-Verordnungen in
allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem
Mitgliedstaat (Art. 288 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union -
AEUV). Der europäische Gesetzgeber will mit dem Instrument der Verordnung eine
Vollharmonisierung des Datenschutzrechts in Europa erreichen.
Die unmittelbare Geltung der
Datenschutz-Grundverordnung hat dabei zum einen zur Folge, dass sie
grundsätzlich ohne weitere Umsetzungsakte (siehe aber zu den sogenannten
"Öffnungs- und Spezifizierungsklauseln" ) Bestandteil der jeweiligen Rechtsordnung
wird. Zum anderen kommt der Datenschutz-Grundverordnung aufgrund ihrer
unmittelbaren Geltung ein Anwendungsvorrang gegenüber dem nationalen
Recht zu. Dies bedeutet, dass nationales Recht, welches in Widerspruch zur
Datenschutz-Grundverordnung steht, ab deren Geltungsbeginn nicht mehr zur
Anwendung kommen darf.
Um die uneingeschränkte Anwendbarkeit der
Datenschutz-Grundverordnung zu gewährleisten, müssen die Mitgliedstaaten daher
ihr nationales Recht bis zum Geltungsbeginn an die
Datenschutz-Grundverordnung anpassen. In Deutschland kommt diese Aufgabe
in erster Linie dem Bundes- sowie den Landesgesetzgebern zu.
Aber auch die Selbstverwaltungskörperschaften -
insbesondere die Kommunen und die Hochschulen - sind aufgefordert, ihr
Satzungsrecht auf eventuellen Anpassungsbedarf hin zu überprüfen und
gegebenenfalls mit der Datenschutz-Grundverordnung bis zum 25. Mai 2018 in
Einklang zu bringen.
2. Öffnungs- und
Spezifizierungsklauseln der Datenschutz-Grundverordnung und das nationale
Datenschutzrecht
Die Datenschutz-Grundverordnung ist eine untypische
EU-Verordnung insoweit, als sie Ausnahmen von dem Grundsatz trifft, wonach eine
Verordnung keiner weiteren Umsetzungsakte mehr bedarf. Stattdessen sieht sie eine Reihe von Öffnungs-
und Spezifizierungsklauseln vor, die den mitgliedstaatlichen Gesetzgebern
teils Gestaltungsspielräume eröffnen, teils Regelungsaufträge auferlegen. Die Mehrzahl dieser Öffnungs- und
Spezifizierungsklauseln betrifft die Datenverarbeitung durch öffentliche
Stellen. Im öffentlichen Bereich ist der Vollharmonisierungsanspruch der
Datenschutz-Grundverordnung damit von vornherein eingeschränkt.
Eine für den öffentlichen Bereich besonders bedeutsame
Öffnungs- und Spezifizierungsklausel stellt Art. 6 Abs. 3 in Verbindung mit
Abs. 1 Buchst. e DSGVO dar: Hiernach ist für Datenverarbeitungen bei der
Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung
öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, die
Rechtsgrundlage durch Unionsrecht oder mitgliedstaatliches Recht festzulegen.
Die Mitgliedstaaten können in diesem Zusammenhang nach Maßgabe des Art. 6 Abs.
2 und Abs. 3 Satz 3 DSGVO zudem die Anwendung der Vorschriften der
Datenschutz-Grundverordnung spezifischer regeln.
Weitere, für öffentliche Stellen bedeutsame Öffnungs-
und Spezifizierungsklauseln betreffen beispielsweise:
- die
Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten (beispielsweise
Gesundheitsdaten, Art. 9 DSGVO) oder
- die
Einschränkung von Betroffenenrechten (Art. 12 ff. DSGVO in Verbindung mit
Art. 23 DSGVO).
Im Zuge der Anpassung des bayerischen Landesrechts
wird eine Umsetzung dieser Öffnungs- und Spezifizierungsklauseln durch eine
Neufassung des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG) sowie durch Änderungen
im bereichsspezifischen bayerischen Datenschutzrecht erfolgen. Abgesehen von
den zwingend umzusetzenden Regelungsaufträgen ist es dabei Sache des
bayerischen Gesetzgebers, ob und in welchem Umfang er von den
Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch macht, die ihm die
Datenschutz-Grundverordnung einräumt.
Für bayerische öffentliche Stellen bedeutet dies:
Ab Geltungsbeginn der Datenschutz-Grundverordnung
ergibt sich das für öffentliche Stellen maßgebliche Datenschutzrecht aus der
Datenschutz-Grundverordnung und dem nationalen Recht, das diese ergänzt bzw.
ausfüllt. Zur Beurteilung datenschutzrechtlicher Fragestellungen werden somit
die Datenschutz-Grundverordnung und die Regelungen im allgemeinen sowie
gegebenenfalls auch im bereichsspezifischen nationalen Datenschutzrecht (sei es
im Landes-, sei es im Bundesrecht) im Zusammenhang zu lesen und anzuwenden
sein.
3. Anwendungsbereich
Der Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung
umfasst nach Art. 2 Abs. 1 DSGVO die ganz oder teilweise automatisierte
Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nichtautomatisierte
Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind
oder gespeichert werden sollen. Nicht hiervon erfasst sind nach Erwägungsgrund
(ErwGr) 15 DSGVO lediglich "Akten oder Aktensammlungen sowie ihre
Deckblätter, die nicht nach bestimmten Kriterien geordnet sind". Strukturierte
Behördenakten - gleich, ob sie elektronisch oder in Papierform geführt
werden - unterfallen daher vollumfänglich den Regelungen der
Datenschutz-Grundverordnung.
Die Datenschutz-Grundverordnung gilt allerdings nicht
für Verarbeitungen im Rahmen von Tätigkeiten außerhalb des Anwendungsbereichs
des Unionsrechts (Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DSGVO). Dies betrifft etwa
Verfassungsschutzbehörden oder die parlamentarische Tätigkeit des Landtags.
Vom Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung
ausgenommen sind ferner Datenverarbeitungen im Bereich der Strafjustiz (Art. 2
Abs. 2 Buchst. d DSGVO). Diesbezüglich hat der europäische Gesetzgeber
flankierend zur Datenschutz-Grundverordnung die Richtlinie (EU) 2016/680 zum
Datenschutz in der Strafjustiz erlassen.
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