Die Datenschutz-Grundverordnung ist eine untypische
EU-Verordnung insoweit, als sie Ausnahmen von dem Grundsatz trifft, wonach eine
Verordnung keiner weiteren Umsetzungsakte mehr bedarf. Stattdessen sieht
sie eine Reihe von Öffnungs- und Spezifizierungsklauseln auch für Unternehmen vor, die den
mitgliedstaatlichen Gesetzgebern teils Gestaltungsspielräume eröffnen, teils
Regelungsaufträge auferlegen.
Die Mehrzahl dieser Öffnungs- und
Spezifizierungsklauseln betrifft die Datenverarbeitung durch öffentliche
Stellen. Im öffentlichen Bereich ist der Vollharmonisierungsanspruch der
Datenschutz-Grundverordnung damit von vornherein eingeschränkt.
Eine für den öffentlichen Bereich besonders bedeutsame
Öffnungs- und Spezifizierungsklausel stellt Art. 6 Abs. 3 in Verbindung mit
Abs. 1 Buchst. e DSGVO dar: Hiernach ist für Datenverarbeitungen bei der
Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung
öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, die
Rechtsgrundlage durch Unionsrecht oder mitgliedstaatliches Recht festzulegen.
Die Mitgliedstaaten können in diesem Zusammenhang nach Maßgabe des Art. 6 Abs.
2 und Abs. 3 Satz 3 DSGVO zudem die Anwendung der Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung
spezifischer regeln.
Weitere, für öffentliche Stellen bedeutsame Öffnungs-
und Spezifizierungsklauseln betreffen beispielsweise:
- die
Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten (beispielsweise
Gesundheitsdaten, Art. 9 DSGVO) oder
- die
Einschränkung von Betroffenenrechten (Art. 12 ff. DSGVO in Verbindung mit
Art. 23 DSGVO).
Im Zuge der Anpassung des bayerischen Landesrechts
wird eine Umsetzung dieser Öffnungs- und Spezifizierungsklauseln durch eine
Neufassung des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG) sowie durch Änderungen
im bereichsspezifischen bayerischen Datenschutzrecht erfolgen. Abgesehen von
den zwingend umzusetzenden Regelungsaufträgen ist es dabei Sache des
bayerischen Gesetzgebers, ob und in welchem Umfang er von den
Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch macht, die ihm die
Datenschutz-Grundverordnung einräumt.
Für bayerische öffentliche Stellen bedeutet dies:
Ab Geltungsbeginn der Datenschutz-Grundverordnung
ergibt sich das für öffentliche Stellen maßgebliche Datenschutzrecht aus der
Datenschutz-Grundverordnung und dem nationalen Recht, das diese ergänzt bzw.
ausfüllt. Zur Beurteilung datenschutzrechtlicher Fragestellungen werden somit
die Datenschutz-Grundverordnung und die Regelungen im allgemeinen sowie
gegebenenfalls auch im bereichsspezifischen nationalen Datenschutzrecht (sei es
im Landes-, sei es im Bundesrecht) im Zusammenhang zu lesen und anzuwenden sein.
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