Auskunftsanspruch eines Betriebsrats



Datenschutz steht dem Auskunftsanspruch eines Betriebsrats über Gehälter nicht entgegen 

Ein Urteil zum Datenschutz  vom 04.11.2015 - 7 AZR 972/13 

Die Gerichtsentscheidung.


1.Einem freigestellten Betriebsratsmitglied kann ein Auskunftsanspruch über die im Betrieb gezahlten Löhne zustehen, wenn das Mitglied eine betriebsübliche Steigerung der Vergütung mit ihm vergleichbarer Arbeitnehmer geltend machen will. 
2. Dabei kann es genügen, wenn das Betriebsratsmitglied Referenzfälle schlüssig darlegt, aus denen sich auf eine betriebsübliche Beförderungspraxis in dem Zeitraum seiner Zugehörigkeit zum Betriebsrat schließen lässt. 

Der Fall 

Ein freigestelltes Betriebsratsmitglied streitet mit seinem Arbeitgeber (einem Internetversandhandel mit etwa 3.500 Arbeitnehmern), ob ihm aufgrund der beruflichen Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer oder seines fiktiven beruflichen Werdegangs eine höhere Vergütung zusteht und ob ihm in diesem Zusammenhang Auskünfte zu erteilen sind. 

Der Kläger wurde als Teamleiter eingestellt, ist seit 2006 im Betriebsrat und seit 2010 freigestellt. Wie bei allen Führungskräften richtete sich seine Vergütung bis zur Freistellung nach der höchsten Entgeltstufe im Bereich der gewerblichen Ar-beitnehmer. Im kaufmännischen Bereich gibt es höher vergütete Stellen von Acting Area Managern (kommisarischen Abteilungsleitern) sowie von Area Managern (Abteilungsleitern). 

Es gibt weder einen Zeitaufstieg noch einen Bewährungsaufstieg von der Position des Leads zu diesen höher vergüteten Stellen; für diese Stellen sucht der Arbeitgeber Führungskräfte mit BA-, FH- oder Universitäts-Abschluss und/oder Berufserfahrungen in vergleichbaren Branchen sowie mit ersten Führungserfahrungen und guten beziehungsweise sehr guten Englischkenntnissen. 

Die Klage des Betriebsratsmitglieds auf Auskünfte und höhere Vergütung blieb ohne Erfolg. 

Die Gründe Der Kläger stützt seine Klage auf § 37 Abs. 4 und auf § 78 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Eine Auskunftspflicht des Arbeitgebers ist dort jedoch nicht vor-gesehen. Auch eine allgemeine Pflicht zur Auskunftserteilung im Arbeitsverhältnis existiert nicht. Allerdings ist es gewohnheitsrechtlich anerkannt, dass Auskunftsansprüche nach Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) bestehen können, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. 

Vorliegend kann ein solcher Auskunftsanspruch gemäß §§ 611, 242 BGB in Verbindung mit § 37 Abs. 4 BetrVG in Betracht kommen, wenn ein Betriebsratsmitglied eine betriebsübliche Steigerung der Vergütung geltend machen will. Dies gilt auch dann, wenn der Anspruch dem Grunde nach noch nicht feststeht, aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sein Bestehen vorliegt. Das Bundesarbeitsgericht lehnt aber im konkreten Fall ei-nen Auskunftsanspruch ab. Der klagende Betriebsrat konnte nicht darlegen, dass die Beförderung vom Lead zum Acting Area Manager betriebsüblich sei. Der tatsächlich beförderte Mitarbeiter habe eine Zusatzqualifikation gehabt. 

Damit bestehe auch kein Anspruch des Klägers auf Zahlung der durchschnittlichen Gehaltssteigerung der zum Acting Area Manager beförderten Leads. 

Auswirkungen auf die Praxis Bezüglich des Anspruchs auf eine höhere Vergütung des Betriebsratsmitglieds folgt das Bundesarbeitsgericht der bisherigen Rechtsprechung. Der Auskunftsanspruch basiert auf der vom Betriebsratsmitglied darzulegenden hinreichenden Wahrscheinlichkeit für eine betriebsübliche Entwicklung mit der Folge eines hierdurch bedingten höheren Arbeitsentgelts. Nur dann besteht ein Bedürfnis für einen Auskunftsanspruch. 
Mit dieser Verknüpfung wird den Interessen beider Seiten angemessen Rechnung getragen. Einerseits gibt es keinen - gewissermaßen ins Blaue hinein zielenden - Auskunftsanspruch des Betriebsratsmitglieds, andererseits werden die Anforderungen an einen solchen Anspruch auch nicht in unzumutbaren Höhen geschraubt („hinreichende Wahrscheinlichkeit" genügt). 



Kommentare