Darknet - die virtuelle Paralellwelt



Die verschlüsselte Paralellwelt Seit dem Amoklauf von München taucht der Begriff' »Darknet« fast täglich in den Medien auf Ist das geheimnisvolle Netzwerk tatsächlich ein Hort krimineller Machenschaften? Waffen, Drogen, gestohlene Kreditkartendaten und Kinderpornografie.

All diese Dinge, die in der realen Welt ohne entsprechende Connections nur schwer erhältlich sind, lassen sich im sogenannten »Darknet« anscheinend problemlos erwerben. Auch der Amokläufer von München z.B. soll sich seine Pistole im dunklen Teil des Internets besorgt haben. Seitdem wird das Darknet in zahlreichen Medien genau unter die Lupe genommen und analysiert. Doch lässt sich das so einfach bewerkstelligen? Schließlich handelt es sich dabei um ein anonymes Netzwerk, das nicht über gängige Browser wie Chrome oder Firefox zugänglich ist. 

Um Zugang zu erhalten benötigt der Nutzer einen sogenannten Tor-Browser. Jeglicher über die Software verschickte Datenverkehr wird verschlüsselt über mehrere Stationen geleitet. Bei jeder Zwischenstation über die eine Anfrage geht, wird das Datenpaket mit einem neuen Schlüssel versehen. Da die einzelnen Zwischenstationen nicht den Ursprung der Anfrage kennen, ist es enorm schwierig, sie zurückzuverfolgen. 

Neben Aktivisten oder Idealisten lockt dieser anonyme Teil des Internets eben auch Kriminelle an. 
Tatsächlich hat sich im Darknet ein versteckter Marktplatz für Drogen, Waffen und gestohlene Kreditkartendaten entwickelt. Die Abwicklung der Geschäfte erfolgt unter Pseudonymen auf Platt-formen, die beispielsweise an Ebay angelehnt sind. Gezahlt wird in Bitcoins. Für die Beteiligten ein lukratives Geschäft. So soll das 2013 vom FBI geschlossene »Silk Road Forum« innerhalb von zweieinhalb Jahren einen Umsatz von rund 2,5 Milliarden US-Dollar generiert haben. G Data geht davon aus, dass große Portale Tagesumsätze von 300.000 bis 500.000 Euro erreichen können. Neben der Anonymität erschwert die Zahlung in Bitcoins die Ermittlungsarbeit der Polizei zusätzlich, die den illegalen Geschäften nachzugehen versucht. Oftmals ist es den Ordnungskräften erst möglich, beteiligte Personen zu identifizieren, wenn die Spuren in die reale Welt führen, beispielsweise wenn Waren per Post versendet oder Bitcoins ausgezahlt werden. Im Fall von Silk Road war es eine E-Mail-Adresse, über die der Anführer den Server registriert hatte und die zu ihm zurückverfolgt werden konnte.
Doch nicht nur illegale Aktionen finden im Dark-net statt. Viele Anwender nutzen die Anonymität für legale Zwecke. So agieren Oppositionelle oder Dissidenten aus Diktaturen im Darknet, um sich zu informieren und auszutauschen. Journalisten schützen auf diesem Wege ihre Quellen und Whistleblower. Auch könneh über das Tor-Netzwerk Informa-tionen abgerufen werden, die im eigenen Land unter Umständen gesperrt oder verboten sind. So verbreiteten beispielsweise Ak-tivisten während des Arabischen Frühlings Videos und Gescheh-nisse über das Tor-Netzwerk in sozialen Medien. Das Darknet ist also kein ab-soluter Hort des Bösen, den es zu verteufeln gilt. Das Problem liegt bei einem Teil der weltweit rund 1,7 Millionen Anwender, welche die Technologie für ihre kriminellen Akti-vitäten nutzen. Doch gerade in einer Zeit, in der aus Angst vor dem Terror der Ruf nach mehr Über-wachung immer lauter wird, sollte man sich den Nutzen des Tor-Netzwerks vor Augen führen. Es ist die womöglich letzte private Bastion und in einigen Ländern die einzig verbliebene Möglich-keit, sich noch frei zu äußern, ohne Repressalien oder Verfolgung zu fürchte?.

Foto: Leo Lintang - Fotolia

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